Im Kontext religiöser Umbrüche, gesellschaftlicher Diversifizierung, Klimawandel, Raumknappheit und digitaler Transformation sind die Klöster und Gemeinschaften wichtige Tradenten und Ressourcen für eine zukunftsfähiges Gemeinwohl. Sie stehen für gemeinschaftliches Leben in Einfachheit und Solidarität, aus einer gemeinsamen Mitte und mit Ausstrahlung.
Bei aller Verschiedenheit von Klöstern und geistlichen Gemeinschaftsorten treten heute die Gemeinsamkeiten und ihre gesellschaftliche Relevanz als «Klosterlandschaft Schweiz» hervor:
Klöster sind
- Heimaten
- Erfahrungsschulen, Erkenntniszellen und Oasen für theologische Erkenntnis, Erneuerung
und Persönlichkeitsentwicklung
- Tradenten ganzheitlicher Lebensauffassung, Architektur und Kreislaufwirtschaft
- Vorbilder und Vermittler nachhaltigen bautechnischen, handwerklichen und landwirtschaftlichen Wissens
- raumplanerisch relevante Objekte, geografisch und gesellschaftlich
Die christlichen Signaturen des Gemeinschaftslebens drohen zu verschwinden. Es ist absehbar, dass die meisten Gebäude sich unter den gegebenen Vorzeichen und Handlungsmustern nicht erhalten lassen. Analog zu den Industrie-Brachen ist es Zeit für eine Kloster-Brache: Ohne eine genauere Untersuchung der Kosterlandschaft und ohne Einbezug von antizipierten zukünftigen Nutzungen wird das Aufsplittern klösterlicher Strukturen weitergehen, und werden sich Umwidmungen etablieren, die nicht mehr rückgängig zu machen sind. Klöster sollen auch in Zukunft ihre Geschichtlichkeit ausfüllen können.
Was das heute konkret bedeutet, erklärt Susanna Etter im Interview mit Regula Pfeifer. Franziska Neff hat Regula Grünenfelder zur theologischen Perspektive befragt.
Zusammen mit Menschen guten Willens stehen wir auf, um dem Verlust der klösterlichen Tradition Einhalt zu gebieten und diesem religiösen Erbe eine Zukunft zu ermöglichen, indem wir mit Sorgfalt und Interesse für das Wohlergehen der Schwestern und Brüder in ihren Klöstern und gemeinsam mit ihnen
… dem pfingstlichen Geist folgend offen und vorurteilslos der vielfarbigen Spiritualität eine Heimat geben
… im Sinne des gastlichen Tisches eine Gemeinschaft der Gemeinschaften schaffen, die Raum für christliches Teilen und dialogisches Gestalten einer tragfähigen klösterlichen Zukunft schafft
… auf Augenhöhe mit überzeugenden Argumenten und im fairen Disput Menschen und Institutionen dafür gewinnen, dass der Brache anheimfallendes klösterliches Gemäuer und Land in Wertschätzung und Verbundenheit seine Geschichtlichkeit neu ausfüllen kann.
Masterarbeit von Susanna Etter (s.o.). Sie hat ihre Arbeit am Schweizer Landschaftskongress 2020 vorgestellt (P11).
Grundlagenartikel zur Vision Klosterleben von Regula Grünenfelder: Kirchenräume weiter denken. Ein Aufruf (Theologisches Internetfeuilleton feinschwarz.net, 2019)
Analyse der Kirchensituation von Pater Martin Werlen OSB: Zu Spät. Eine Provokation für die Kirche. Hoffnung für alle (Herder 2018)
Enzyklopädie zur Geschichte und Zukunft der Kirchengebäude von Hubertus Halbfas: Die Zukunft unserer Kirchengebäude. Problemlage und Lösungswege (Patmos 2019)
Susanna Etter, Regula Grünenfelder und P. Andri Tuor im Gespräch über die gegenwärtigen Herausforderungen und die Zukunft der Klöster und der Klosterlandschaft Schweiz. SRF 2, Perspektiven - Zum Nachhören
Rahel Marti in der Architekturzeitschrift Hochparterre über Klosterlandschaft - Artikel hinter Paywall
© 2019